Die Vision der Sculpt Watch

Artikel aus der Fachzeitung Kunst + Stein im Februar 1999

Stein und Zeit finden beim Steinbildhauer Felice Bottinelli zusammen – in Form seiner Kreation «Sculpt Watch». Er will mit diesemProdukt auf dem Mark bestehen –ein Unterfangen, das auch Idealismus braucht. Doch er sieht sich auf dem Weg zum Erfolg.
«Du bist doch ein Spinner, bleib auf dem Boden und mach Grabmale», pflegten Kollegen manchmal zu sagen, wenn der Bieler Steinbildhauer Felice Bottinelli von seiner Vision «Sculpt Watch» erzählte. Beirren liess er sich davon nicht, um seine seit langem im Kopf herumschwirrende Idee zu verwirklichen. Denn «Stein ist Zeit, die Kombination beider Elemente hat mich schon immer fasziniert». Diese findet nun einen neuen Ausdruck in der «Sculpt Watch», einer in einem nur teilweise bearbeiteten Stein versenkten Uhr.

Bottinelli begann sich seit 1985 für die Kombination Stein und Uhr zu interessieren. Damals wurde er von Tissot angefragt, eine steinerne Uhrenschale herzustellen, die für den Werbefilm des Tissot-Produkts «Rock Watch» gebraucht wurde. Im alpinen Hochgebirge lieferte er damals seine Arbeit ab – der Virus erwischte ihn. Für Tissot hat er danach steinerne Schaufensteruhren produziert, welche die Kampagne für die «Rock Watch» unterstützen sollten. In Hongkong haute er sogar eine riesenhaft vergrössterte «Rock Watch» aus Granit – alles Ereig-nisse, die den Denkprozess in Gang setzten, seine Variante der Verbindung von Stein und Zeit auszuarbeiten.

So begann die Geschichte der «Sculpt Watch» – welche wie eine rudimentäre Skulptur ein Uhrwerk beherbergen sollte. Das Konzept sah weiter vor, dass für jede Verkaufsstelle der Stein aus der entsprechenden Region stammen soll: Für Bern wird Berner Sandstein verwendet, für das Berner Oberland Marmor aus Grindelwald oder Granit aus dem Grimsel-Gebiet, für St. Moritz Gestein aus Graubünden. Das Uhrwerk stammt aus der Region Biel und entspricht qualitativ der Swatch. «Was kauft der Tourist in der Schweiz: eine Uhr! Wenn er diese zusammen mit ei-nem Stein aus der Region, die erbe-sucht hat, erhalten kann, nimmt er ein Stück Schweiz nach Hause», erläutert Bottinelli seine Vorstellung. So einleuchtend das Konzept auch ist, die Umsetzung war mit Schwierigkeiten behaftet. Der Stein sollte nur an der Frontseite geschliffen werden, wo das Uhrwerk versenkt wird. Für diese Prozedur konstruierte Bottinelli eigens eine Maschine, welche die Handarbeit unterstützt. Der Markenname wird mit einem feinen Sandstrahler in den Stein eingeschliffen, was im Detail zu Beginn ebenfalls einige Probleme bot. Heute braucht er gut zwei Stunden zur Herstellung einer «Sculpt Watch», die dann für rund 300 Franken über den Ladentisch geht. Dazu kommt die Zeit, die für die Suche der Steine aufgewendet werden muss. Bisher hat er immer mehr investiert, als eingenommen, «so dass ich manchmal nahe dran war, die Sache hinzuschmeissen», wie Bottinelli erzählt. Jetzt hat er aber bereits fünf fixe Vertriebsstellen, wo die Uhren verkauft werden sollen.

Doch wie kommt ein Steinbildhauer überhaupt dazu, derart viel Geld und Energie in ein Projekt mit zu Beginn ungewissem Ausgang zu stecken? «Ich wollte den Stein ein-mal von einer anderen Seite zeigen – nicht nur als Grabmal oder als Küchenabdeckung», begründet Bottinelli sein Engagement, hinter dem sich auch viel Idealismus und Mut verbirgt. Finanziert hat er sein Projekt mit der klassischen Verdienstquelle des Steinbildhauers, den Grabmalen. Dazu kommt die Zusammenarbeit mit seinem Bruder, der ebenfalls in den beiden Ateliers der Gebrüder Bottinelli arbeitet. Felice Bottinelli selbst sieht sich als Bildhauer, der nicht nur tagein tagaus in der Werkstatt stehen kann. Mehrmals hat er bereits an Schneeskulptur-Wettbewerben teilgenommen – auch dies ein idealistisches Unterfangen. Mit seinem Gestalt gewordenen Traum «Sculpt Watch» ist er aber zufrieden: «Ich weiss jetzt, ich bin auf dem richtigen Weg.» 

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